Der Brexit beeinflusst das deutsche Erbschaftsteuerrecht. Glauben Sie nicht?
27.10.2016
Nach Vollzug des Brexit, d.h. dem auf Grundlage des Referendums vom 23.06.2016 durch die Wähler des Vereinigten Königreichs mehrheitlich entschieden Austritts Großbritannien aus der EU, verlieren viele vom deutschen Schenkungs- und Erbschaftsteuerecht vorgesehene Steuerprivilegien ihre Anwendbarkeit.
So knüpft das deutsche Steuerrecht das Bewertungsprivileg für fremdvermietete Immobilien (diese werden gem. § 13c ErbStG grundsätzlich nur mit 90% ihres Wertes besteuert) an die Belegenheit des Hauses oder der Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) an. Vererbt z.B. eine in München wohnhafte Person eine vermietete Londoner Eigentumswohnung, ist diese nach dem Vollzug des EU-Austritts nicht (mehr) von der Regelung erfasst. Gleiches gilt für die Steuerbefreiung vom Familienheim, d.h. die grundsätzliche Erbschaftsteuerfreiheit von selbstgenutzten und von nahen Familienangehörigen (insbesondere Ehegatten und Kindern) geerbten Immobilien. Auch dieses Privileg greift nach dem Brexit für in Großbritannien belegen Häuser und Wohnungen nicht mehr.
Ebenso setzen die in Deutschland kontrovers diskutierten vielfältigen Privilegierungen für Unternehmen insbesondere voraus, dass vererbte oder lebzeitig übertragene Betriebe ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im EU- bzw. EWR- Bereich unterhalten.
Ob bzw. inwieweit in vorbenannten Fragen Abhilfe geschaffen wird - in Betracht kommt etwa ein Beitritt Großbritanniens in den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) - ist ähnlich wie die Gesamtfolgen des Brexit, nicht absehbar.
Personen mit Bezug zu Großbritannien, sollten daher im Rahmen der Planung und Gestaltung der Vermögensnachfolge (insbesondere bei lebzeitigen Vermögensübertagungen) rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen.