Bis dass der Tod uns scheidet? Scheidung und das gesetzliche Ehegattenerbrecht
19.12.2018
Eine Trennung oder Scheidung ist für Ehepaare oft eine emotionale Grenzerfahrung. Beim Streit ums Vermögen, um den Unterhalt oder die gemeinsamen Kinder wird dabei von den Ehegatten nicht selten nicht bedacht, dass das Ehe-Aus nicht nur in familienrechtlicher, sondern auch in erbrechtlicher Hinsicht erhebliche Auswirkungen hat. Das kann beim Eintritt des Todesfalls zu unliebsamen Folgen führen.
Haben Ehegatten kein Testament errichtet, dann kommt beim Tod eines Ehegatten die gesetzliche Erbfolge zum Tragen. Grundsätzlich bestimmt das Gesetz die Verwandten des Erblassers zu seinen gesetzlichen Erben. Zu den Verwandten zählen seine Kinder, deren Abkömmlinge (Enkel, Urenkel etc.), seine Eltern, seine Geschwister und Großeltern. Dem überlebenden Ehegatten steht neben den Verwandten des Erblassers ein gesetzliches Sondererbrecht zu. Dieses Sondererbrecht erlischt grundsätzlich erst dann, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden worden ist.
Wie verhält es sich aber, wenn der Tod während des laufenden Scheidungsverfahrens eintritt?
Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten erlischt unter zwei Voraussetzungen: Zum Zeitpunkt des Erbfalls müssen die Voraussetzungen der Ehescheidung vorgelegen haben. Das bedeutet, dass die Ehe zerrüttet gewesen sein muss. Das ist dann der Fall, wenn die Ehegatten mindestens ein Jahr voneinander getrennt leben. Weiter muss der Erblasser entweder die Scheidung beantragt oder, wenn er selbst keinen Scheidungsantrag gestellt hat, dem Scheidungsantrag des überlebenden Ehegatten zugestimmt haben. Nimmt der die Scheidung einleitende Ehegatte seinen eigenen Antrag zurück, verliert die Zustimmung ihre das gesetzliche Erbrecht ausschließende Wirkung. Das kann durchaus gefährlich sein. Schließlich hat es der den Scheidungsantrag stellende Ehegatte damit in der Hand, sein gesetzliches Erbrecht wiederherzustellen. Diese Gefahrenlage lässt sich nur dann eindämmen, wenn jeder Ehegatte selbst einen eigenen Scheidungsantrag stellt.
In manchen Fällen kann es dazu kommen, dass die Ehegatten das Scheidungsverfahren übereinstimmend zunächst ruhen lassen und nicht weiter betreiben, z.B. um sich zu versöhnen oder außergerichtliche Streitschlichtungsmaßnahmen zu ergreifen. Es kann dabei vorkommen, dass zwar der Versöhnungsversuch scheitert, aber auch das Scheidungsverfahren in Vergessenheit gerät.
In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob ein längeres Ruhen oder Nichtweiterbetreiben des Verfahrens das Ehegattenerbrecht wiederaufleben lässt. Die Rechtsprechung hat in diesen Fällen einen Verfahrensstillstand über einen Zeitraum von 26 bzw. 21 Jahren einer Rücknahme des Scheidungsantrages gleichgestellt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.1990, Az. 7 U 7/89; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.08.2010, Az. 5 W 185/10; nicht ausreichend aber: Ruhen von 6 Jahren, vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2017, Az. 6 UF 30/17). Das gesetzliche Erbrecht lebt also in den Fällen wieder auf, in denen über einen langen Zeitraum hinweg ein Verfahrensstillstand herrscht.
Welche Quintessenz lässt sich daraus ableiten?
Die Trennung der Ehegatten allein hat keinerlei Einfluss auf das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten. Nur mit Hilfe eines Testaments, wonach der Ex-Partner enterbt wird, kann der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge unabhängig von der Dauer des ruhenden Scheidungsverfahrens dauerhaft verhindert werden. Nicht unterbunden werden kann per Testament allerdings das gesetzliche Pflichtteilsrecht des Ehegatten. Das bleibt auch während der Trennungszeit bestehen. Hier hilft nur ein notariell zu beurkundender Pflichtteilsverzicht. In allen anderen Fällen erlischt der Anspruch wie das Ehegattenerbrecht erst mit Rechtskraft der Scheidung oder bei Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen.
Sie haben Fragen zu Trennung und Scheidung? Eine frühzeitige Beratung schützt vor unliebsamen Überraschungen. Hierbei stehen Ihnen die Fachanwälte der Kanzlei RDS gerne unterstützend zur Seite.